Titel: Stöffche 1
Herausgeber: Ultras
Frankfurt
Erscheinungsdatum:
März 2012
Seiten: 136, komplett farbig
Preis: 3,-
Die Ultras Frankfurt haben viel
Nachholbedarf in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Neben dem Infozine Schwarz auf
Weiß und unregelmäßig erscheinenden Texten auf ihrer Homepage lässt man sich
kaum in die Karten sehen. Im Jahre 2006 erschien mit der 15. Ausgabe des
„Babbedeggels“ das letzte Fanzine aus der Feder der Frankfurter. Mit dem
„Stöffche“ will man wieder literarisch aktiv werden und so bringt man ein
136-Seiten starkes Heft im DIN-A4 Format für moderate drei Euro an den Start.
Viele der Interessenten haben sich aber wohl zu früh gefreut, denn das Heft
wird nur vor der Nordwestkurve vertrieben. Ein Versand wird kategorisch
ausgeschlossen. Zu einem Kauf inkognito direkt am Stand wird nur bei sicherem
Beherrschen der hessischen Mundart geraten.
Ähnlich wie im bereits
etablierten Nürnberger Pendant „Ya Basta“ bietet das „Stöffche“ eine breitgefächerte
Auswahl an Themen. Neben kritischen
Texten zur Vereinspolitik wird natürlich auch ein Blick in die Nordwestkurve
geworfen. Hier sind besonders die Berichte über die selbst organsierten
Sonderzugfahrten und die detailliert
geschilderten Spielberichte erwähnenswert. Gerade Letztere werden sachlich und
informativ dargelegt. Ein Jargon, wie er aus der Plattenpost oder dem
Zentralorgan bekannt ist, wird nicht verwendet und so beschränken sich die
Ausführungen nicht nur auf Mobstärke, Bauchtaschendichte und Plünderungen.
Vielmehr wird auch die eigene Kurve kritisch betrachtet. Besonders der Rückgang
der guten Stimmung bei Heimspielen macht den Frankfurtern zu schaffen.
Zusammenstöße mit anderen Gruppen werden nicht verschwiegen, aber auch nicht
sonderlich ausgeschmückt. Prollgehabe? Fehlanzeige! Ferner wird ein Blick
hinter die Kulissen der Sektion Stadionverbot gegeben. Bei jedem Spiel der Hinrunde 2011/2012 war eine zweistellige Anzahl
Ausgesperrter anwesend. Hierbei wird der Zusammenhalt hervorgehoben, und – es ist
das einzige Mal im Verlauf des Heftes – rückblickend und selbstkritisch das
eigene Handeln hinsichtlich Gewalt und Überfälle
angerissen.
Wie zu erwarten werden Themen mit
politischem Zusammenhang rar gesät. Immerhin wird von einer von Teilen der
Fanszene organisierte Reise nach Auschwitz berichtet. Neben dem Fanprojekt
waren hauptsächlich Mitglieder der Droogs, dem EFC Schwarze Geier und weitere
Einzelpersonen beteiligt. Teilnehmer der Exkursion versuchten mit
nachdenklichen Worten dem Leser einen Eindruck von dem Erlebten zu schaffen.
Ein weiterer Teil wird dem Thema
Kultur zugeschrieben. Los geht’s direkt mit dem Stöffchen an sich. Was ist
eigentlich dieses Stöffche? Wer jetzt auf berauschende Mittel aus dem
Bahnhofsviertel hofft, den muss ich leider enttäuschen. Es handelt sich um den
wohlschmeckenden Ebbelwoi; hochdeutsch Apfelwein. Damit man auch weiß, wie man
das hessische Nationalgetränk zu sich nimmt, werden auf den folgenden Seiten
die Werkzeuge Bembel, das Gerippte und das Deckelche erklärt. Aber nicht nur
der Gaumen soll angeregt werden, daher gibt es auch ausführliche Erzählungen
über Frankfurt selbst und mit dem „Lesestöffche“ eine Rubrik, in der Bücher
besprochen werden. Der Kern des kulturellen Teils bildet ein ausführliches
Interview Interview mit DJ Dag. Der Musiker, der entscheidend am „Sound of
Frankfurt“ beteiligt war, plaudert nicht nur von seinen Erlebnissen als DJ,
sondern auch von seinen Zeiten bei der Adlerfront.
Mit Innsbruck, Mannheim, Leipzig
und Bergamo kommen alle Freunde der Ultras Frankfurt zu Wort und berichten über
die vergangenen Spielzeiten, von Höhen und Tiefen der Freundschaft und
aktuellen Problemen in den jeweiligen Ligen und Ländern.
Das Rad neu erfunden haben die
Ultras Frankfurt nicht. Man hat es aber trotzdem geschafft dem Heft seinen
eigenen Stempel aufzudrücken. Dass man sich eher an den Kollegen aus Stuttgart
und Nürnberg orientiert und eher Richtung Magazin, als in Richtung Fanzine
geht, lässt sich nicht verleumden. Mit der Aussage „Stöffche Nummer 2 kommt
raus, wenn´s feddisch is“ verabschiedet sich die Redaktion und lässt den Leser
ein wenig im Ungewissen, wann die nächste Ausgabe erscheinen soll. Der Grundstein für ein gutes Heft wurde mit
der Erstausgabe gelegt. Wenn die Standpunkte der Ultras Frankfurt zu bestimmten
Themen (Gewalt, Politik) in Zukunft noch mehr zur Geltung kommen, könnte das
Heft sich locker von den schwäbischen und fränkischen Organen abheben.
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