Mittwoch, 29. Oktober 2014

Groundhopping made in Lev #1

Titel: The emBayer strikes first - Groundhopping made in Lev #1
Herausgeber: Einzelpersonen (Leverkusen)
Erscheinungsdatum: September 2014
Seiten: 108, sw
Preis: 2,50 €


Aus Leverkusen erreichte mich im vergangenen Monat ein brandneues Fanzine zweier Protagonisten, mit denen ich auch schon den einen oder anderen Ground angesteuert habe. Dementsprechend gespannt war ich, was die beiden in ihrem Heft zustande gebracht haben. Zunächst stellen sich beide Autoren in einer Präambel vor. Während Marius schon einige Jährchen in diesem Business unterwegs ist, kam Daniel erst 2010 auf den Geschmack, Stadien zu sammeln. Beide haben ein Faible für die Band "Bad Religion", weshalb auch das alte "The Empire Strikes First"-Albumcover dieser Punkrock-Kapelle zum Titelbild dieser Lektüre modifiziert und mit "The emBayer strikes first" untertitelt wurde.
Auf den ersten zwei Seiten kündigt man an, dass die Spielauswahl auf den folgenden 106 Seiten willkürlich erschien und ein gewisses Chaos gewünscht sei. Und in der Tat: Die Auswahl der Touren erfolgt willkürlich, die Reihenfolge auch - also nicht chronologisch. Nach einer durchaus interessanten Eröffnungstour nach Luxemburg, derjenigen, die Daniel mit dem Groundhoppingfieber infizierte, schwirrt mal ein zäher Report vom Kreispokal in Wuppertal rein, mal ein vier Jahre alter Tourabriss im Baltikum oder zwei Spielbesuche während des Studienaufenthalt in Mexiko, mal ein süffiger Bericht – klar, Leverkusen, hehe – aus dem SVB-Sambawagen nach Hoffenheim. Dabei gibt's gar nicht so ein permanentes Saufgelage in diesem Heft, da hab ich weitaus weitaus süffigere Hefte in Erinnerung. Die beiden sind sicherlich gut am Glas, bringen das aber angenehmerweise nicht durchgehend zum Ausdruck.

Dennoch gibt es klare Unterschiede zwischen den Schreibstilen. Marius beherzigt die Stakkato-Weise, also schnörkellose, kurze und relativ geradlinige Sätze. Ich finde das sogar ganz richtig, weil in vielen Fanzines manchmal ellenlange Sätze runtergeschludert werden, die nicht gerade für einen in meinen Augen guten Schreibstil stehen. Inwiefern ein Fanzine einen guten Schreibstil benötigt ist sicher Ansichtssache. Nun hört sich das bei dem vorliegenden Heft also nach kompakten und nicht zu lang geratenen Berichten an. Ist's aber leider oftmals nicht. Exemplarisch sei der Trip nach Budapest genannt, der sich für mich wie ein Kaugummi über 13 Seiten zieht. Infos zu Stadt und Kultur werden schon hier und da genannt, allerdings für mich ohne großen Mehrwehrt und wenig Aha-Erlebnisse. Ähnlich auch bei einem Bukarest-Bericht weiter hinten im Heft, bei dem von einem zum nächsten Gedanken ohne Übergang gesprungen wird, dafür aber in nahezu jedem Absatz erwähnt wird, dass das Taxi als Fortbewegungsmittel Nummer eins genutzt wird. Die Situationskomik ist sicher nicht immer so gewollt, etwa wenn er mal wieder die Kredit- oder Checkkarte verbummelt oder ein Spiel verpasst bzw. dies erst gar nicht angepfiffen wird. Mag an einigen Ecken lustig rüberkommen, ich hatte oftmals eher Mitleid.

Die Berichte von Daniel sind da ungleich besser, da bei ihm die Leidenschaft für die ganzen Reisen angenehm vertextet und somit in meinen Augen einfach gelungener rüberkommen. Geschichten, wie der steinige Weg zum Länderpunkt Italien in Lecce mit zahlreichen Hindernissen fand ich jedenfalls absolut lesenswert. Bedauernswerterweise ist Daniels Anteil am Heft kleiner. Was bei beiden schnell auffällt: Die Hintergrundinfos zu Ultraszenen werden, wenn denn schon mal welche bei den besuchten Spielen auftauchen, eher rar gesät. Das ist nun nicht weiter verwerflich, da der Trip an sich im Vordergrund stehen soll und die Stadien einen höheren Stellenwert einnehmen als das, was sich da in Kurven tummelt. Nur, wenn ich mit einem Ultra aus so einer alten, legendären Szene wie der Fiorentina ins Gespräch komme und dies dann im Heft auch noch erwähne, dann interessiert es mich als Leser brennend, was er denn etwa über die deutschen oder italienischen Verhältnisse in den Kurven denkt. Auch zu den Differenzen in der Szene der Grashoppers Zürich, zu der einer der Autoren ja gute Kontakte hat, hätte man ruhig noch ein bisschen was schreiben können.

Ich will das Heft keinesfalls zerreißen, sondern lediglich Anreize für etwaige Nachfolge-Ausgaben schaffen. Die Arbeit für solch ein Fanzine ist immens, auch wenn - wie in diesem Fall - die Texte mitunter schon seit Monaten in der Schublade oder Festplatte schlummern. Gerade Newcomer haben es in diesen Zeiten nicht leicht, denn die Latte ist durch diverse andere Fanzines hoch gelegt. Bei mir genießt ein Debütheft auch einen gewissen Welpenschutz, was aber nicht heißt, dass es nicht konstruktiv kritisiert werden kann. Ich will dennoch einmal vor Augen halten, dass es nochgar nicht lange her ist – vielleicht fünf, sechs Jahre – als man sich über alles, was auf den Markt kam, freute und direkt ein paar Ausgaben orderte. Die Zeiten sind (zumindest bei mir) vorbei, dennoch will ich die beiden Leverkusener ermutigen, am Ball zu bleiben, die Schriftgröße einen Tick kleiner zu gestalten, sich die weiteren gutgemeinten Fingerzeige zu Herzen zu nehmen und hier und da das Erlebte aufzupeppen.

STS




Freitag, 17. Oktober 2014

Update: Reiseziele

Wir sind mal wieder fleißig gewesen und haben unsere Rubrik "Reiseziele" etwas aktualisiert. Sechs neue Länder (Bahrain, Irak, Mauritius, Kolumbien, Swasiland und Venezuela) schrauben die Gesamtzahl auf 83 verschiedene Destinationen. Hauptverantwortlich für die Bewegung in unserer Datenbank war die Asienreise aus dem Groben Schnitzer 9 und einige ältere Dröhnbütel- und Hopp Hard-Ausgaben.

Ihr seid natürlich weiterhin herzlich dazu eingeladen uns Infos zu schicken. Hier die Adresse des Reiseveranstalters: rezensione@googlemail.com

Dienstag, 14. Oktober 2014

Der kleine Zeitvertreib 13

Titel: Der Kleine Zeitvertreib #13
Herausgeber: Einzelpersonen aus Chemnitz
Erscheinungsdatum: Juni 2014
Seiten: 148
Preis: 2,50 €

Der kleine Zeitvertreib ist mittlerweile echt nicht mehr wegzudenken aus dem Repertoire der regelmäßig erscheinenden Fanzines. Ich habe die Nummer 13 im Spätsommer diesen Jahres gelesen. Die Ausgabe ist ja noch gar nicht so lange draußen und behandelt Spielbesuche von November 2013 bis März 2014. Und weil die Chemnitzer fleißig in die Tasten hacken, ist die Nr. 14 ebenfalls schon auf dem Markt - respekt schon mal für diese Taktung. Ich find DKZ gut, weil man weiß was man bekommt. Unterklassiges Gemurmel, gepaart mit einer Hand voll Auslands-Touren und den klassichen CFC-Berichten, die mich aber weniger interessieren. Der Schreibstil ist wie immer sehr vernünftig, fast schon eine Spur zu seriös für ein Fanzine.

Ich finde aber auch, dass es kein anders Heft schafft, den Hafer aus unterklassigen Ligen so anschauungsvoll zu verpacken. Hin und wieder blinzelt aber doch mal der ein oder andere Selbstzweifel ob dieses Wahns an Sportplatz-Besuchen durch - manchmal sogar mit dem fast schon neidvollen Blick rüber ins nahe Zwickau: "Toll, während ich auf dem Scheißhaus die neuesten Abenteuer von Almir und Oberleitner aus Dagestan und Ossetien lesen darf, stehe ich an dieser Stelle vor der Frage, wie ich euch, dem interessierten Leser nach all dem Hafer der letzten Woche auch noch diesen Kracher schmackhaft machen kann." Es handelte sich dabei ums Testspiel zwischen dem SV Wacker Auerswalde II und dem SV Bernsdorf II. Bei mir ist die Spielauswahl eigentlich nie das Hauptkriterium, um ein Fanzine schlecht oder gut zu finden. Dennoch habe ich - neben den besuchen von solchen geilen Hütten wie dem Stadion des Friedens von MoGoNo - die Berichte aus England, Schottland, Frankreich/Andorra/Spanien und vor allem aus Polen und Tschechien noch ein Stück weit lieber gelesen als das Abgegrase des Sachsen-Informers. Sicherlich nicht überraschend und ich kann auch nachvollziehen, jeden besuchten Ground (und sei es mal ein Eishockey- oder Handballspiel) schriftlich festhalten zu wollen, allerdings ist's mir hier und da ne Spur zu viel oder zu lang.

Die CFC-Berichte sind, das hatte ich in meiner Rezension vor ein paar Jahren schon beschrieben, zu sehr aufs Spiel gerichtet, dafür aber oft mit einer guten Emotionalität verfasst und gerade für himmelblaue Fans interessant. Aber, und da verweise ich auf meinen zweiten Satz, wer DKZ ordert, weiß ja eigentlich, was ihn erwartet. Und das meine ich absolut nicht negativ. Bestellbar im NOFB-Shop oder per E-Mail: lenny@cfcfans.de

STS

Dienstag, 7. Oktober 2014

Mein Jahr mit dem FC Red Star

Titel: Mein Jahr mit dem FC Red Star
Herausgeber: Christoph Heshmatpour
Erscheinungsdatum: 2014
Seiten: 112
Preis: 3,-

Nur selten lese ich ein Fanzine in einem Rutsch. Bei diesem hier ist das kein Problem. Vergleichbar mit einem spannenden Thriller, wenden sich die Seiten wie von selbst und in gut zwei Stunden begleitet man Christoph Heshmatpour ein ganzes Jahr durch Paris. Der Österreicher absolviert im Rahmen seines Studiums ein Austauschjahr an der Sorbonne Nouvelle und berichtet darüber hinaus auch über sein Jahr mit dem FC Red Star. Der Autor behauptet zwar, dass er den Fußballsport liebe, aber einen festen Verein hat er nicht. Vom SK Rapid, über Tottenham, wieder zu Rapid, kommt er zum First Vienna FC und philosophiert über die nette Atmosphäre im Stadion auf der hohen Warte. In Paris angekommen findet Heshmatpour schnell Ersatz. Die Flutlichmasten des Stade Bauer fallen ihm bei einer Wohnungsbesichtigung im Viertel Saint-Ouen im Pariser Norden direkt auf. Nach kurzer Recherche, steht fest: Das nächste Spiel des Drittligisten wird besucht. Mit seiner angenehmen Erzählweise bringt uns der Verfasser nicht nur die verschiedenen Geschichten um den Red Star FC näher, sondern berichtet auch ausführlich über seine Erlebnisse abseits des Vereins. Beginnend mit den Schwierigkeiten im Alltag (Wohnungssuche, Uni), über Missverständnisse im kulinarischen Bereich, bis hin zu leichten Komplikationen bei der Kontaktaufnahme mit Einheimischen. Zum „Running Gag“ avanciert, dass ihm aufgrund seines Akzents stets eine andere Herkunft unterstellt wird. Die Abokarte ist schnell gekauft und jedes Heimspiel wird besucht. Berichte über kleinere Auswärtstouren beschränken aber sich eher auf die entscheidende Phase der Saison. Von einer ganzen Saison  mit dem Red Star FC kann somit aber nicht die Rede sein. Der Autor findet relativ schnell Anschluss auf der Tribüne, aber es scheint so, als ob er nie wirklich in die aktive Fanszene des Pariser Clubs eingetaucht ist. Er wird eher Mitglied der etwas abseitsstehenden Nörglerfraktion. Das schadet dem Heft allerdings nicht und so führt uns Heshmatpour sicher durch die Spielzeit dem Klassenerhalt entgegen. Stilistisch passiert das auf einem ziemlich hohen Niveau, wie es nur selten in vergleichbaren Publikationen zu finden ist. Etwas unangenehm aufgefallen, ist mir das sinnlose Bashing gegen PSG. Dass der Club aktuell fest im Griff von Investoren ist, seine Fans ausgeschlossen hat und selbige wohl für immer verloren hat, ist wirklich unglaublich. Aber nur weil ein Verein erst 1970 aus einem Zusammenschluss zweier Clubs hervorgegangen ist, muss ich ihn nicht an den Pranger stellen. Vermutlich wird hier das Bild zu stark von der aktuell vorherrschenden Situation geprägt.  Abschließend gibt es von mir aber eine klare Kaufempfehlung. Wir haben hier zwar kein Zine im klassischen Sinne, aber das heißt ja nicht, dass es nicht lesenswert ist. Bestellen könnte ihr es im NOFB-Shop oder ihr ladet es euch als pdf-Datei unter www.banlieuerouge.org runter.