Donnerstag, 30. Juni 2011

Minga Oida 1

Titel: Minga Oida 1
Herausgeber: Hier wäre nur Platz für Hypothesen ;-)
Erscheinungsdatum: September 2010
Seiten: 100, farbig
Preis: 3,-

Wo wir gerade schon im Süden sind, folgen wir der A93 und A9 und erreichen recht zügig die bayrische Landeshauptstadt München. Zu Beginn der Saison 2010/2011 erschien hier ein neues Heft aus der roten Münchner Fanszene. Es hört auf den Namen „Minga Oida!“, erstrahlt in voller Farbe und bietet genau 100 Seiten für 3,-
Direkt los geht es mit knapp 40 Seiten Spielberichte. Nicht im gewohnten Stil, eingeleitet durch Datum, Paarung, Zuschauer und Ergebnis, sondern reiner Text nur getrennt durch Absätze. Zunächst wirkt das System etwas ungewohnt, mit der Zeit gewöhnt man sich aber daran. Für mich persönlich gibt es weder Vor- noch Nachteile an dieser Art. Die Statistikfans kommen aber nicht gerade auf ihre Kosten. Weiter geht es mit einem kleinen Text zum Thema „Wenn Gewalt zur Sucht wird“, der mit einer sehr überraschenden Wende sein Ende nimmt.  Im Anschluss wird etwas ausführlicher über die Feierlichkeiten zum 110. Geburtstag berichtet und hierbei bekommt dann auch der Rivale aus Giesing sein Fett weg. Wird ihm doch nachgesagt, dass seine Gründung etwas mit der großen „Irrenverlegung“ im Jahre 1859 zu tun habe.  Lesenswert ist diese Passage definitiv. ;-)
Noch eine Ecke lesenswerter ist der folgende Artikel. Hier wird besonders die Veränderung der Fans und Stadiongänger thematisiert. Ergänzend dazu kommen grundlegende Ansichten in punkto Support, Politik im Stadion und Kommerz zur Sprache.
Wer schon ein Heft komplett in Farbe gestaltet, darf auch nicht mit ordentlichen Fotos geizen. Der Streetart Teil ist zwar verhältnismäßig schwach, aber dafür wissen die weiteren Bilder vom Amateursupport und den Spielen der Profis zu  überzeugen.
Abgerundet wird das Heft mit einem Bericht über den Schwarzmarkt im Wandel der Zeit. Dass es in München mal eine Schwarzmarktpolizei gab, wusste ich auch noch nicht. Sowas sollte man überall einführen. Vorausgesetzt sie arbeitet richtig und greift sich nicht die Fans, die ihre Karte zum Normalpreis verkaufen wollen, wie vorliegend geschehen.
Letztendlich gibt es von mir auch hier eine klare Kaufempfehlung. Das Heft ist eine gute Mischung aus Spielberichten und Texten, die zum Nachdenken anregen. Ich bin schon gespannt auf Ausgabe 2.

Dünnpfiffbladdl 7

Titel: Dünnpfiffbladdl 7, Erlebnisberichte aus dem In- und Ausland
Herausgeber: Einzelperson (Regensburg)
Erscheinungsdatum: Oktober 2010
Seiten: 92, schwarz-weiß, Einband farbig
Preis: 2,50

Mit der mittlerweile siebten Ausgabe des Dünnpfiffbladdls gehört das Heft aus Regensburg schon zu den etablierten Erzeugnissen auf dem Markt. Das aktuelle Layout besticht durch seine solide Aufmachung, abgerundet mit vielen schwarz-weiß Fotos und umrandet von einem farbigen Umschlag. Für die aufgerufenen 2,50€ erhält der Leser 92 vollgedruckte Seiten mit Berichten aus 19 verschiedenen Ländern sowie den Spielen des SSV Jahn.
Für dieses Gesamtpaket ist schon mal ein kleines Lob fällig. Ich kann vorwegnehmen, dass das Preis-Leistungsverhältnis hier stimmt. Leider gibt es heutzutage viele Hefte, die mit Preisen um 3,50-4,- auffahren, gleichzeitig aber nicht 80 Seiten vollmachen. Aber nun genug mit den Vorschusslorbeeren, kommen wir lieber zum Inhalt.
In fast allen Berichten wird dem Leser das Erlebte gut vermittelt. Hier stimmt die Mischung aus Reisebericht, Abenteuerroman und Fußballberichterstattung. Obwohl insgesamt sechs Schreiber am Werk sind, zeichnet sich trotzdem eine klare Linie ab. Besonders die längeren Touren aus dem Baltikum und in die Ukraine beschreiben was man als „Fußballtourist“ alles erleben kann. Mein persönliches Highlight ist der Ausflug auf die Färöer Inseln. Bei der atemberaubenden Landschaft weiß ich allerdings nicht, ob ich mir auch fünf Spiele innerhalb von zwei Tagen angesehen hätte, aber das ist ja Geschmackssache. Vermutlich wusste sowieso jedes der Stadien mit einem wunderbaren Panorama zu glänzen. :-) Ebenso erfreulich ist, dass eher uninteressante Paarungen auch dementsprechend kurz abgehandelt werden. Etwas langatmig sind manche Spielberichte aus Regensburg. Vielleicht sollte man sich in Zukunft hier noch ein wenig kürzer fassen. Das trifft aber nicht auf alle Berichte vom SSV Jahn zu. Von mir gibt es eine eindeutige Kaufempfehlung. Das Heft gehört in jedes gut sortierte Fanzineregal.
Die Frage vom Autor, ob in Zukunft die Schrift wieder etwas größer gesetzt werden sollte, beantworte ich mit einem klaren „Nein“. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es da schon mal viel kleinere Schriftgrößen im Dünnpfiffbladdl. Des passt schon so! :-)

Mittwoch, 8. Juni 2011

Zweiundvierzig Grad

Titel: Zweiundvierzig Grad
Herausgeber: Einzelperson (Union Berlin)
Erscheinungsdatum: Oktober 2010
Seiten: 68, farbig
Preis: 3,50

Zweiundvierzig Grad! Mal ein ausgefallener Titel für ein Fanzine.  Das Heft macht einen hochwertigen Eindruck. Layout und Schrift sind stimmig. Der Preis von 3,50 für 68 Seiten muss ja auch gerechtfertigt werden.  Das zunächst zum äußeren Erscheinungsbild.
 Der Autor beschreibt sich selbst als junger Berliner Groundhopper und der Eindruck wird auch in den frisch und locker geschriebenen Berichten wiedergespiegelt.  Das Inhaltsverzeichnis des reinen Hopping-Heftes  bietet einem den Überblick über 20 kleinere Touren von Lüttich bis nach Lodz und von Stockholm bis nach Thessaloniki. Der Zeitraum der Reisen erstreckt sich von Oktober 2008 bis August 2010. Insgesamt werden 16 verschiedene Länder aufgesucht. Mal gibt es interessante Spiele, mal aber auch weniger interessante. Die durchweg qualitativ hochwertigen Fotos und vier Seiten Graffitis aus den besuchten Städten runden das Erstlingswerk ab.
Wenn man lange sucht, findet man natürlich auch kleine Kritikpunkte. Ich hätte mir manchmal mehr Fotos abseits des Stadions gewünscht. Auf jeder Doppelseite sind  mindestens zwei Fotos. Abgesehen von einem Guinnes und den sanitären Anlagen vom Stadio Toumpas findet man nur Fotos aus dem Inneren oder den Fassaden. Weiterhin sollten in Zukunft bei den Stadionnamen keine Sponsorennamen mehr erscheinen. Das war es aber auch schon mit der Meckerstunde.
Zusammenfassend ein wirklich guter Start in die Fanzinewelt. So dürfte jede Erstausgabe aussehen. Nach eigenen Angaben arbeitet der Autor bereits an der nächsten Ausgabe. Ich freu mich schon.  Weiter so!

Dienstag, 7. Juni 2011

Die Jugendkultur der Ultras

Titel:  Die Jugendkultur der Ultras 
Herausgeber: Marcus Sommerey
Erscheinungsdatum: Februar 2010
Seiten: 150, sw
Preis: 24,90

Was bewegt einen dazu eine wissenschaftliche Abhandlung über das Thema Ultras zu schreiben?„Auf der einen Seite ist da der Fußballsport mit seiner lebendigen Fanszene, die mich von Kindesbeinen an begeistert hat“. Ebenso wird Marcus Sommerey sicherlich bedingt durch sein Studium Interesse an der Materie gefunden haben. So verrät es jedenfalls das Vorwort, des im Februar 2010 erschienenen Buches „Die Jugendkultur der Ultras“.
Sommerey unterteilt sein Werk in vier Bereiche. Zunächst erläutert der Autor die Theoretischen Grundlagen im Bereich der Jugendkulturen und versucht hiermit dem Laien eine kleine Übersicht im Bereich der sozialwissenschaftlichen Betrachtung der ganzen Thematik zu geben. Dieser Teil ist mit Sicherheit der trockenste Teil für den Leser. Hierbei sei aber gesagt, dass es sich um eine wissenschaftliche Ausarbeitung handelt, die je nach Themengebiet einfach auch mal nüchtern sind.
Im weiteren Verlauf betrachtet Sommerey die Geschichte des Fußballsports und seiner Fans, bis hin zur aktuellen Zuschauerentwicklung in den europäischen Profiligen.  Im Anschluss hieran erfolgt eine kurze Differenzierung der Fanszene, in der auch Starautor Gunter A. Pilz zum ersten Mal in Erscheinung tritt. Auch in den weiteren Kapiteln wird Pilz oftmals zitiert, was einen doch mehr als faden Beigeschmack hervorruft. Es wird leider auch nicht darauf verzichtet Diagramme vom selbsternannten Fanforscher zu übernehmen. Besonders hier wünscht man sich als Leser wesentlich mehr Eigeninitiative bei der Recherche.
Im Anschluss daran gibt es einen historischen Überblick über die Ultrabewegung im Allgemeinen. Angefangen von der Entstehung und Orientierung bis zur Organisation und Außendarstellung. Auch hier fällt negativ auf, dass ständig  auf Aussagen von Pilz zurückgegriffen wird. Als wenn das nicht schon genug wäre, kommt es noch zu teilweise haarsträubenden Aussagen. In München wären fünf verschiedene Ultragruppen zu finden. Den Phönix Sons aus Karlsruhe wird nachgesagt, sie hätten sich aufgelöst. Der Kleidungsstil der Ultras erinnert, dank ihrer Kappen und Bomberjacken stark an den der Hooligans. Natürlich darf auch nicht ein Zitat zum Thema Gewalt fehlen. Hier greift Sommerey auf die Homepage der Eastside Bremen zurück. 
Auch im nächsten Abschnitt, in dem verschiedene Ultragruppen in ausgesuchten Ländern betrachtet werden, stößt man auf einige Ungereimtheiten. Besonders auffällig ist, dass Brasilien erwähnt wird, Argentinien hingegen komplett vernachlässigt wird. Weiterhin bemerkt der aufmerksame Betrachter recht schnell, dass Sommerey mit den Ultragruppen auf dem Balkan nicht wirklich vertraut ist und blind auf dünne Aussagen aus Internetforen zurückgreift.
Die knapp 150 Seiten sollen 24,90€ kosten.  Das ist zwar ein stolzer Preis, da es sich aber um eine wissenschaftliche Ausarbeitung handelt, sicherlich nicht überzogen.
Positiv anzuführen ist sicher die gute Struktur und der relativ lockere Schreibstil des Autors. Ebenfalls ist auch deutlich zu erkennen, dass Sommerey die ganze Thematik differenzierter angeht, als bisherige sogenannte Experten.
Im Gegensatz dazu stehen aber einige fehlerhafte Aussagen. Ob das nun alleine an der teilweise veralteten Literatur liegt oder einfach bei der Auswahl, lässt sich nicht genau beantworten.  Anhand der bisher erschienenen Lektüren ist es sicherlich schwer, wenn nicht gar unmöglich ein Buch über die deutsche Ultrakultur zu schreiben. Hierzu bedarf es einfach der Mitarbeit der verschiedenen Ultragruppen.  Im Literaturverzeichnis werden zwar vier Gruppen aufgeführt, mit denen Sommerey in Kontakt stand, es bleibt aber trotzdem im Verborgenen, inwieweit  diese mit ihren Ausführungen Einfluss auf das Buch nahmen.
Zusammenfassend kann ich das Buch nicht guten Gewissens empfehlen. Wer sich bisher schon für die Ultrakultur interessiert hat, wird hier nichts Neues lernen.