Titel: Die Jugendkultur der Ultras
Herausgeber: Marcus Sommerey
Erscheinungsdatum: Februar 2010
Seiten: 150, sw
Preis: 24,90
Was bewegt einen dazu eine wissenschaftliche Abhandlung über das Thema Ultras zu schreiben?„Auf der einen Seite ist da der Fußballsport mit seiner lebendigen Fanszene, die mich von Kindesbeinen an begeistert hat“. Ebenso wird Marcus Sommerey sicherlich bedingt durch sein Studium Interesse an der Materie gefunden haben. So verrät es jedenfalls das Vorwort, des im Februar 2010 erschienenen Buches „Die Jugendkultur der Ultras“.
Sommerey unterteilt sein Werk in vier Bereiche. Zunächst erläutert der Autor die Theoretischen Grundlagen im Bereich der Jugendkulturen und versucht hiermit dem Laien eine kleine Übersicht im Bereich der sozialwissenschaftlichen Betrachtung der ganzen Thematik zu geben. Dieser Teil ist mit Sicherheit der trockenste Teil für den Leser. Hierbei sei aber gesagt, dass es sich um eine wissenschaftliche Ausarbeitung handelt, die je nach Themengebiet einfach auch mal nüchtern sind.
Im weiteren Verlauf betrachtet Sommerey die Geschichte des Fußballsports und seiner Fans, bis hin zur aktuellen Zuschauerentwicklung in den europäischen Profiligen. Im Anschluss hieran erfolgt eine kurze Differenzierung der Fanszene, in der auch Starautor Gunter A. Pilz zum ersten Mal in Erscheinung tritt. Auch in den weiteren Kapiteln wird Pilz oftmals zitiert, was einen doch mehr als faden Beigeschmack hervorruft. Es wird leider auch nicht darauf verzichtet Diagramme vom selbsternannten Fanforscher zu übernehmen. Besonders hier wünscht man sich als Leser wesentlich mehr Eigeninitiative bei der Recherche.
Im Anschluss daran gibt es einen historischen Überblick über die Ultrabewegung im Allgemeinen. Angefangen von der Entstehung und Orientierung bis zur Organisation und Außendarstellung. Auch hier fällt negativ auf, dass ständig auf Aussagen von Pilz zurückgegriffen wird. Als wenn das nicht schon genug wäre, kommt es noch zu teilweise haarsträubenden Aussagen. In München wären fünf verschiedene Ultragruppen zu finden. Den Phönix Sons aus Karlsruhe wird nachgesagt, sie hätten sich aufgelöst. Der Kleidungsstil der Ultras erinnert, dank ihrer Kappen und Bomberjacken stark an den der Hooligans. Natürlich darf auch nicht ein Zitat zum Thema Gewalt fehlen. Hier greift Sommerey auf die Homepage der Eastside Bremen zurück.
Auch im nächsten Abschnitt, in dem verschiedene Ultragruppen in ausgesuchten Ländern betrachtet werden, stößt man auf einige Ungereimtheiten. Besonders auffällig ist, dass Brasilien erwähnt wird, Argentinien hingegen komplett vernachlässigt wird. Weiterhin bemerkt der aufmerksame Betrachter recht schnell, dass Sommerey mit den Ultragruppen auf dem Balkan nicht wirklich vertraut ist und blind auf dünne Aussagen aus Internetforen zurückgreift.
Die knapp 150 Seiten sollen 24,90€ kosten. Das ist zwar ein stolzer Preis, da es sich aber um eine wissenschaftliche Ausarbeitung handelt, sicherlich nicht überzogen.
Positiv anzuführen ist sicher die gute Struktur und der relativ lockere Schreibstil des Autors. Ebenfalls ist auch deutlich zu erkennen, dass Sommerey die ganze Thematik differenzierter angeht, als bisherige sogenannte Experten.
Im Gegensatz dazu stehen aber einige fehlerhafte Aussagen. Ob das nun alleine an der teilweise veralteten Literatur liegt oder einfach bei der Auswahl, lässt sich nicht genau beantworten. Anhand der bisher erschienenen Lektüren ist es sicherlich schwer, wenn nicht gar unmöglich ein Buch über die deutsche Ultrakultur zu schreiben. Hierzu bedarf es einfach der Mitarbeit der verschiedenen Ultragruppen. Im Literaturverzeichnis werden zwar vier Gruppen aufgeführt, mit denen Sommerey in Kontakt stand, es bleibt aber trotzdem im Verborgenen, inwieweit diese mit ihren Ausführungen Einfluss auf das Buch nahmen.
Zusammenfassend kann ich das Buch nicht guten Gewissens empfehlen. Wer sich bisher schon für die Ultrakultur interessiert hat, wird hier nichts Neues lernen.
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