Sonntag, 29. September 2013

Wäuebrächer 2


Titel: Wäuebrächer 2
Herausgeber: Urban Squad
Erscheinungsdatum: Sommer 2011
Seiten: 156
Preis:  8 CHF

Grüezi mitenand, nicht brandneu, aber auf keinen Fall angestaubt ist die zweite Ausgabe des Wäuebrächers. Man bekommt ja nicht jeden Tag etwas aus dem Ausland vor die Augen und nachdem ich die ersten Seiten überflogen habe, war mir schnell klar, dass ich dieses Heft vorstellen muss. Es wurde zwar auch das beliebte DIN A5 Format gewählt, die Seiten sind allerdings an der kurzen Seite mit Hilfe einer Klebebindung verknüpft. So entsteht eher der Eindruck, als ob man ein Album durchblättert. 

Nach einer kurzen Einleitung starten die Autoren direkt mit der Aufarbeitung der vergangenen Saison. Primär werden die Auftritte im Europapokal behandelt, die neben Odense und Getafe auch Gegner wie Tottenham, Stuttgart und Fenerbahçe aus der Loskugel zauberten. Erfreulicherweise verzichten die Berner auf die Spielberichte der schweizerischen Profiliga und dokumentieren die Saison 2010/2011 mit Unterstützung von Fotos. Durchweg unterhaltsam sind auch die weiteren, vielseitigen Beiträge (Blick auf die eigene Kurve, Grundrechte für Fußballfans usw.). Bei dem Bericht über das Kulturzentrum Reithalle/Reitschule (jetzt weiß ich auch endlich, was die „Scheiss AFD“-Crew immer in einer Reithalle wollte, wenn sie ihre Freunde aus Bern besucht haben) hätte man aber ruhig mehr Stellung beziehen können. Der ausführliche Rückblick auf die Geschichte der ehemals besetzten Einrichtung ist zwar auch sehr ansprechend, aber besonders hier hätte ich mir ein wenig mehr Hintergrundinformationen gewünscht. 

In der Rubrik „Frömdgah“ stehen Groundhoppingtouren und Besuche im südhessischen Darmstadt im Mittelpunkt. Nicht nur wegen seiner eigenwilligen Aufmachung, spreche ich für den Wäuebrächer eine Kaufempfehlung aus. Auch inhaltlich überzeugt das komplett farbig gehaltene Fanzine auf nahezu allen 156 Seiten. Die 8 CHF, die man berappen muss, hören sich viel an, sind aber aufgrund höherer Produktionskosten gerechtfertigt. Wer Angst hat, dass das Magazin der Urban Squad komplett in schweizerdeutsch geschrieben ist, den kann ich beruhigen. Abgesehen vom Titel und dem Inhaltsverzeichnis verlaufen sich äußerst selten fremde Vokabeln ins Geschriebene. Eine Wäuebrächer ist hierzulande übrigens als Wellenbrecher bekannt. Restexemplare sind möglicherweise unter http://www.ostkurve.be/ erhältlich.

Mittwoch, 18. September 2013

The Hillbilly Rag – Saisonrückblick 2011/2012


Titel: The Hillbilly Rag – Saisonrückblick 2011/2012
Herausgeber: Einzelperson Burghausen
Erscheinungsdatum: 2012
Seiten: 52, sw
Preis: 1,-

Keine 20.000 Seelen leben in Burghausen, dafür aber eine professionelle Fußballmannschaft, die von einer kleinen, aber aktiven Kurve unterstützt wird. Literarische Ergüsse waren, abgesehen von einem Spieltagsflyer der Ultras Black Side, eher Mangelware. Darüber hinaus erscheint seit zwei Jahren das Spieltagszine „In den Grüben“. Eine Zusammenfassung dieser Ausgaben habe ich frisch für euch durchgewälzt.

Das gute Stück hört auf den Namen „The Hillbilly Rag“, was so viel wie Hinterwäldler-Schmierblatt bedeutet. Hinterwäldler passt ja schon ganz gut und ob es ein Schmierblatt ist, sehen wir gleich. Neben den Spielberichten des SV Wackers finden auch einige Hardcore- und Punk-Konzerte den Weg ins Heft. Die lockeren Berichte sind eine willkommene Abwechslung zum manchmal etwas tristen Ligaalltag der Burgstädter und das sage ich nicht nur, weil ich einen ähnlichen Musikgeschmack habe.

Neben den Spieltagen 1-38 und Pokalwettbewerben finden auch einige ausgewählte Spiele ohne Beteiligung der Burghausener ihren Platz. Von einem nennenswerten Groundhopping-Anteil zu sprechen, wäre aber übertrieben. Nach eigener Aussage, ist man durch eine derbe Ausdrucksweise bekannt und verzichtet auf großes Mentalitätsgesülze. Gerade Letzteres ist man ja eigentlich eher aus südlichen Gefilden gewohnt. ;-) Auch rein äußerlich macht das Fanzine einen sehr rustikalen Eindruck: Klammerbindung, farblos und eine sehr einfache Gestaltung prägen das Heft. Dafür ruft der Herausgeber auch nur schmale 100 Cent für 52 Seiten auf, die ihr unter indengrueben@gmail.com bestellen könnt. Seltenheitswert hat das Erzeugnis auf jeden Fall, denn bei einer 50er Auflage kann man nicht gerade von einer Massenproduktion sprechen. Wer auf Groundhopping steht, ist hier an der falschen Adresse, wer aber musikinteressiert ist und mehr über eine verhältnismäßig unbekannte Fanszene erfahren möchte, sollte hier definitiv zuschlagen. So grob und derb wird’s auch nicht, wie es das Vorwort ankündigt. Also keine Angst haben und bestellen.

Donnerstag, 5. September 2013

Sauerland Echo 54

Titel: Sauerland Echo 54
Herausgeber: Jens Hilgert
Erscheinungsdatum: April 2013
Seiten: 92, farbig
Preis: 4,-

Eines der ältesten, noch existierenden Groundhopping-Fanzines kommt aus dem Sauerland. Bayern-Fan Jens Hilgert schildert seit sage und schreibe 20 Jahren seine Touren in gedruckter Version und hat, seit ich das „Sauerland-Echo“ kenne, immer mindestens eine richtig ausgefallene Reise im petto.

Diesmal ging's an die westafrikanische Küste nach Guinea, dorthin „wo bereits die DDR spielte“. Fast fühlt man sich an die grandiosen drei SE-Ausgaben erinnert, als Jens auf seiner „Gummikuh“ bis nach Südafrika zur WM düste. Diese Wahnsinns-Tour wird wohl so schnell nicht überboten – und dennoch: Aus Conakry habe ich zuvor noch nichts gelesen (im Zusammenhang mit Fußball schon gar nicht), allein deshalb lohnt sich der Kauf in meinen Augen. Auch die restliche Spielauswahl ist lesenswert, hervorhebenswert sind die Berichte aus Irland und Belarus.

Die EURO 2012 findet standesgemäß einen großen Platz im Heft. Gerade angesichts der Tatsache, dass ich Turnierberichte und DFB-Spiele insbesondere eigentlich totlangweilig finde, waren die Schilderungen von knapp drei Wochen durch Polen und die Ukraine echt alles andere als trostlos. Sicherlich ist gerade die Ukraine auch nicht das typische Austragungsland einer EURO, aber die Beschreibung der dortigen Erlebnisse außerhalb der Stadien, gepaart mit Kultur (z. B. Jalta), fand ich besser und witziger als erwartet.

Einzig der Schreibstil an sich ist nicht mein Fall. Immer von „unseren“ Bayern und „unseren“ Nationalspielern zu sprechen fängt irgendwann an zu nerven. Dazu sind Taxifahrer oder Händler im Prinzip immer irgendwelche „Mokel“. Und Menschen anderer Nationalität ständig und fortwährend als „die kleinen“ XY, wahlweise auch „Spaghettis“ / “Käsefresser“ / “Froschschenkelliebhaber“ zu betiteln, zeugt eher davon, dass es seit den 90ern keine Weiterentwicklung im Schreibstil gab. Auch dieses ewige „Stadion entern“ ist aus dem klassischen Hopperjargon vermutlich nicht mehr wegzudenken. Aber genug der Moserei, insgesamt ein gutes Heft, das aufgrund einer breiten und bunten Spielauswahl sicher auch in Zukunft von mir erworben wird. Preis 4 €, Kontakt: jens.piahilgert@t-online.de 

STS