Montag, 15. Oktober 2012

Transparent 2

Titel: Transparent 2
Erscheinungsdatum: August 2012
Seiten: 68, farbig
Preis: 3,90


Es tut sich etwas in der hiesigen, fußballtechnisch bislang ja doch sehr drögen und weitestgehend eintönigen bis nicht vorhandenen Magazin-Landschaft. Das ‚Transparent’ ist nach der Debüt-Ausgabe im April inzwischen mit der zweiten Ausgabe auf dem Markt. Allein das ist erfreulich, denn immerhin wurde in der doch relativ ereignisarmen Sommerpause genügend Stoff zusammen getragen, um pünktlich zum Start der neuen Saison an den zahlreichen Ständen der vermutlich politisch linken und/oder progressiven Fan- und Ultragruppen sowie in (immer mehr, aber noch zu wenigen) Buchläden zu je 3,90 Euro auszuliegen.

Glänzend kommt es daher. Und mit großflächigen, tollen Fotos und fast genauso großen Zitaten oder Headlines, was ich rein optisch weniger ansprechend finde. Der DIN-A4-Raum wird ausgenutzt oder eben, wie es scheinbar auch en vogue ist, groß gelettert. Irgendwie sieht das Ganze schon professionell aus, andererseits wird sich beim Layout nach meinem Empfinden noch so ein wenig ausprobiert.

Beim Überfliegen von Vorwort und Inhaltsverzeichnis bestätigt sich der thematisch gute Eindruck der Erstausgabe. Im Prinzip lassen sich die Themen in exakt die drei Bereiche einteilen, die das Heft als Motto ausgibt: ‚Football, Culture & Politics’. Aufmacher ist die aktuell wieder aufkommende Diskussion um die Abschaffung von Stehplätzen. Dabei wird viel Bekanntes und zumindest für mich wenig Neues chronologisch aufgerollt und mit dem zusammen gefasst und mit den neuesten Erkenntnissen nach der jüngsten Sicherheits-Konferenz ergänzt. Ein gut gemeinter Ansatz, der aber noch tiefer und breiter behandelt werden sollte, beispielsweise mit einem Interview mit einem Befürworter der Stehplatz-Abschaffung. So kann davon ausgegangen werden, dass diese Thematik in vergleichbaren Publikationen ähnlich intensiv behandelt wurde. Immerhin wird aber der Vergleich auf das vermeintliche Musterbeispiel Großbritannien gerichtet. Gerade die dortigen Aktivitäten im Zuge des Projekts „Safe Standing“ sind absolut lesenswert und textlich fast schon wieder zu knapp bemessen. Wieder, weil mangelnde Tiefgründigkeit in den Texten schon ein Kritikpunkt bei der Erstausgabe war.

Die Gewinnung von Autoren wie Gerd Dembowski, Nicole Selmer oder Jakob Rosenberg, die auch regelmäßig am ‚ballesterer’, dem seit 2000 existierenden, österreichischen Pendant mitwirken, sollte prinzipiell ein großes Plus sein. Dennoch finde ich den UEFA-kritischen Text, der die Heuchelei des Verbands mit der Vokabel „Respect“ schildert, inhaltlich ebenso zu kurz, wie das anschließende, sonst wirklich interessante Interview mit Jacek Purski, der mit seiner Organisation „Never Again“ einen Teil der antirassistischen Aufklärungsarbeit in polnischen Stadien leistet und die doch sehr angenehme Botschaft übermittelt, dass zwischen Gdansk und Wroclaw nicht mehr überall die Runen am Zaun geflaggt werden. Auch wenn es sich in meiner Kritik so liest: Die Straffheit in vielen Texten ist kein erdrückendes Manko, aber sie ist sicherlich dem zweifelsfrei guten Willen geschuldet, auf den 68 Seiten auch weniger ultra-relevanten Topics Einzug zu gewähren. So gibt es unter der Hinzugabe von Interviews mit Spielern oder Trainern, in diesem Fall Jürgen Sparwasser (der sicher nicht beste, aber wohl bekannteste Fußballer aus der DDR im Westen) oder Bandportraits („Stage Bottles“) genügend weitere Fußball- und Kultur-Artikel. Von allem etwas und vom Ansatz auch fast immer richtig interessant, aber hin und wieder zu oberflächlich. Bahnbrechendes soll und kann allerdings auch nicht die Erwartung nach zwei Ausgaben sein.

Wünschenswert wäre die Ausweitung der Verkaufsstellen sowie ein Bahnhofskiosk-Verkauf, damit das „Transparent“ nicht nur denjenigen vorbehalten bleibt, die es ohnehin schon zu schätzen wissen.

Das Ganze liest sich nach etwas viel Nörgelei, ist aber schon eher einem Jammern auf hohem Niveau einzuordnen. Potential hat das bislang Abgelieferte allemal. Und schließlich ist es doch nur wünschenswert, gerade in dieser überaus konservativen Sport-Medienlandschaft, den Ball ruhig öfter über den linken Flügel zu bringen.

STS

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen