Titel: Mein Jahr mit dem FC Red Star
Herausgeber: Christoph Heshmatpour
Erscheinungsdatum: 2014
Seiten: 112
Preis: 3,-
Nur selten lese ich ein Fanzine in
einem Rutsch. Bei diesem hier ist das kein Problem. Vergleichbar mit einem
spannenden Thriller, wenden sich die Seiten wie von selbst und in gut zwei
Stunden begleitet man Christoph Heshmatpour ein ganzes Jahr durch Paris. Der
Österreicher absolviert im Rahmen seines Studiums ein Austauschjahr an der
Sorbonne Nouvelle und berichtet darüber hinaus auch über sein Jahr mit dem FC
Red Star. Der Autor behauptet zwar, dass er den Fußballsport liebe, aber einen
festen Verein hat er nicht. Vom SK Rapid, über Tottenham, wieder zu Rapid,
kommt er zum First Vienna FC und philosophiert über die nette Atmosphäre im
Stadion auf der hohen Warte. In Paris angekommen findet Heshmatpour schnell
Ersatz. Die Flutlichmasten des Stade Bauer fallen ihm bei einer
Wohnungsbesichtigung im Viertel Saint-Ouen im Pariser Norden direkt auf. Nach
kurzer Recherche, steht fest: Das nächste Spiel des Drittligisten wird besucht.
Mit seiner angenehmen Erzählweise bringt uns der Verfasser nicht nur die
verschiedenen Geschichten um den Red Star FC näher, sondern berichtet auch
ausführlich über seine Erlebnisse abseits des Vereins. Beginnend mit den
Schwierigkeiten im Alltag (Wohnungssuche, Uni), über Missverständnisse im
kulinarischen Bereich, bis hin zu leichten Komplikationen bei der
Kontaktaufnahme mit Einheimischen. Zum „Running Gag“ avanciert, dass ihm
aufgrund seines Akzents stets eine andere Herkunft unterstellt wird. Die
Abokarte ist schnell gekauft und jedes Heimspiel wird besucht. Berichte über
kleinere Auswärtstouren beschränken aber sich eher auf die entscheidende Phase
der Saison. Von einer ganzen Saison mit
dem Red Star FC kann somit aber nicht die Rede sein. Der Autor findet relativ
schnell Anschluss auf der Tribüne, aber es scheint so, als ob er nie wirklich
in die aktive Fanszene des Pariser Clubs eingetaucht ist. Er wird eher Mitglied
der etwas abseitsstehenden Nörglerfraktion. Das schadet dem Heft allerdings
nicht und so führt uns Heshmatpour sicher durch die Spielzeit dem Klassenerhalt
entgegen. Stilistisch passiert das auf einem ziemlich hohen Niveau, wie es nur
selten in vergleichbaren Publikationen zu finden ist. Etwas unangenehm
aufgefallen, ist mir das sinnlose Bashing gegen PSG. Dass der Club aktuell fest
im Griff von Investoren ist, seine Fans ausgeschlossen hat und selbige wohl für
immer verloren hat, ist wirklich unglaublich. Aber nur weil ein Verein erst
1970 aus einem Zusammenschluss zweier Clubs hervorgegangen ist, muss ich ihn
nicht an den Pranger stellen. Vermutlich wird hier das Bild zu stark von der
aktuell vorherrschenden Situation geprägt. Abschließend gibt es von mir aber eine klare
Kaufempfehlung. Wir haben hier zwar kein Zine im klassischen Sinne, aber das
heißt ja nicht, dass es nicht lesenswert ist. Bestellen könnte ihr es im
NOFB-Shop oder ihr ladet es euch als pdf-Datei unter www.banlieuerouge.org runter.
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